Winter-Newsletter 2023 wird verschickt
Der aktuelle LöwenKIDS-Newsletter ist frisch gedruckt und zum Versand bereit.
In unserer diesjährigen Weihnachtsausgabe dreht sich alles um das Thema Stress. So haben wir uns das Stresslevel der Löwenkids-Eltern einmal genauer angeschaut und eine Expertin für Kinder- und Jugendpsychologie zum Thema Stress im Familienalltag interviewt. Das ausführliche Interview finden Sie untenstehend.
Die Löwenkids können sich auf der Kinderseite auf eine Bastelanleitung für einen selbstgemachten Stressball sowie reichlich Ausmalspaß freuen, der sogar den Weihnachtsbaum schmücken kann.
Wir wünschen allen LöwenKIDS-Familien frohe Weihnachten, besinnliche Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr.
Stress im Familienalltag Interview mit Prof Dr. Hanna Christiansen
Was stresst Eltern am häufigsten im Familienalltag?
In der Regel machen die sogenannten „daily hassels“, also die vielen kleinen täglichen Stressoren, den Familienalltag anstrengend. Wenn ich einen langen Arbeitstag hatte, die Kinder auf den letzten Drücker aus der Betreuung abhole, dann noch schnell eingekauft und die Wäsche gemacht werden soll, die Kinder vielleicht bei den Hausaufgaben Unterstützung brauchen und ein gesundes, leckeres Abendessen gewünscht wird. D. h. Familien haben im Alltag viele Herausforderungen parallel zu bewältigen und dafür ist ein reibungsloser Ablauf wichtig. Den gibt es aber oft nicht, da Dinge dazwischen kommen können – Ausfall der Betreuung, Krankheit, andere unvorhergesehene Dinge. Sehr deutlich haben wir das während Corona gesehen. Da wurden die Familien allein gelassen und mussten die Herausforderungen mit Distanz-Unterricht, Home-Office und Kinderbetreuung komplett allein managen.
Was sind Zeichen, an denen man erkennt, dass eine kurzzeitige Belastung zur permanenten Überforderung wird?
Wenn Reizbarkeit und Ungeduld zu und schöne, gemeinsame Aktivitäten und Zeiten mit der Familie abnehmen. Eine kurzzeitige Belastung ist temporär – wenn ich z. B. für eine Deadline etwas fertig machen muss, sollte es mit der Abgabe dann auch entspannter werden. Wenn sich dann keine Entspannung einstellt, sondern die Anspannung, Reizbarkeit und Ungeduld bleiben, kann es sein, dass dies Zeichen einer Überforderung sind. Aus Studien wissen wir, dass dann der Erziehungsstress steigt und ein hoher Erziehungsstress wirkt sich ungünstig auf die mentale Gesundheit aller aus – dann sind Eltern und Kinder betroffen. Und daraus kann ein Teufelskreis entstehen: mir geht es nicht gut, ich bin gestresst, dadurch wird meine Erziehung beeinträchtigt und dies wiederum begünstigt Problemverhalten der Kinder, was wiederum meinen Stress erhöht. Dann sollte man sich Hilfe und Unterstützung suchen.
Kann sich der Stress der Eltern auf die Kinder übertragen? Wenn ja, welche Anzeichen gibt es dafür?
Ja, wenn es Eltern nicht gut geht, geht es den Kindern in der Regel auch nicht gut. Wir wissen z. B., dass eine elterliche psychische Erkrankung der größte Risikofaktor für die Kinder ist, selber eine psychische Erkrankung zu entwickeln. Aus weiteren Studien wissen wir, dass elterlicher Stress am Arbeitsplatz bei den Kindern auch zu einem größeren schulischen Stresserleben führt. Insofern beeinflusst das elterliche Stresserleben die Kinder sehr deutlich.
Ab welchem Alter können Kinder verstehen, dass Eltern gestresst sind und eine Pause brauchen? Wie sollte man das kommunizieren?
Man kann auch schon sehr jungen Kindern vermitteln, dass Eltern auch mal eine Pause brauchen. Wenn Kinder noch klein sind und z. B. regelmäßig Mittagsschlaf machen oder früh ins Bett gehen, können Pausen vielleicht auch danach geplant werden. Wenn sich das aber nicht aufschieben lässt, kann das auch besprochen werden: „Ich brauche jetzt eine Pause und möchte in Ruhe einen Tee trinken. Damit das für Dich nicht langweilig ist, darfst Du solange 10 Minuten etwas Besonderes machen.“ Das kann dann, je nach Alter und Einstellung der Eltern z. B. ein kurzes Video sein, malen, etwas basteln, etc. Mögliche Hinweise, wie man mit Kindern kommunizieren kann, sind hier zu finden: www.familienunterdruck.de
Sind Mütter oder Väter häufiger von Stress betroffen? Woran liegt das?
In der Regel ist das Elternteil stärker betroffen, das sich mehr um Kinder und Haushalt kümmert. Die Care-Arbeit ist in Deutschland nicht gerecht zwischen den Geschlechtern aufgeteilt und es ist immer noch so, dass die Mütter eher in Teilzeit arbeiten als die Väter. Die Care-Arbeit, also Haushalt mit einkaufen, Wäsche waschen, putzen, kochen, Elternabenden etc. wird häufig von den Frauen erledigt – dadurch arbeiten viele Frauen mehr als Vollzeit. Je gerechter Paare diese Arbeit aufteilen, desto gleichmäßiger sollte das Stresserleben sein.
In den sozialen Medien (z.B. Instagram) wird meistens die perfekte Familie vorgelebt bei denen Stress nicht existiert. Führt dieser Druck und vielleicht auch Frust zu noch mehr Stress?
In den sozialen Medien, aber auch Zeitschriften, Fernsehen etc. werden unrealistische Familien- und Rollenbilder vorgestellt. Das fängt schon damit an, dass es häufig heteronormative Darstellungen mit blonden Familien aus Vater, Mutter, Sohn und Tochter sind, die Mutter am Herd steht und der Vater das Auto fährt. Das ist antiquiert und überholt und wird der Wirklichkeit nicht gerecht. Es ist aber auch nicht einfach, wenn man sich nicht „rollenkonform“ verhält – dann bekommt man schnell zu hören „Wofür hast Du denn Kinder bekommen, wenn Du die dauernd in Betreuung gibst“ oder „Stillen ist immer noch das Beste für ein Kind.“ Vorhaltungen bekommt man sehr schnell oder man setzt sich auch selber durch solche Rollenbilder unter Druck. Ich würde dazu raten, innerlich einmal tief durchzuatmen, gedanklich einen Schritt zurück zu treten und mir überlegen, was mir wichtig ist – als Elternteil, als berufstätige Person, als Partner:in, als Mensch mit persönlichen Bedürfnissen und Hobbys. Diese unterschiedlichen Facetten und Anteile von uns brauchen alle Zeit und Fürsorge. Und damit dies gut gelingt, brauchen wir eine Gesellschaft, die flexibel mit den Interessen und Bedürfnissen von berufstätigen Eltern umgeht und sie angemessen unterstützt. Gute Vorbilder dafür gibt es z. B. in den skandinavischen Ländern.
Welche Tipps haben Sie, wie Eltern Stress vermindern können?
Auch mal fünf gerade sein lassen können. Es muss nicht immer alles perfekt sein und man kann auch einen Kuchen oder eine Laterne kaufen und muss nicht immer selber backen oder basteln. Ein zentraler Faktor ist soziale Unterstützung – gibt es Freunde, Verwandte oder andere Personen, die vielleicht mal auf meine Kinder aufpassen können, die Katze füttern oder für mich einkaufen? Mit wem kann ich reden, wenn es mir nicht gut geht? Gut ist es auch, Zeiten einzuplanen – was mache ich wann und mit wem? Wann habe ich Zeit für mich? Wann kann ich positive eins-zu-eins Zeit mit meinem Kind einplanen? Diese muss nicht lang sein, aber z. B. 10 Minuten am Tag gehört meine ganze Aufmerksamkeit nur meinem Kind. Wenn ich mehrere Kinder habe, muss ich überlegen, wie ich das hinbekomme – kann das andere Kind dann solange mit dem oder der Partnerin Zeit verbringen? Gibt es Zeiten, in denen ich die Kinder einzeln habe? Kann das andere Kind solange was Anderes machen und wird dann gewechselt?
Wohin können sich Eltern wenden, wenn Sie allein nicht weiterkommen?
Erste Hilfe können Eltern hier finden.
Im Rahmen der Corona-Krise haben wir mit der Deutschen Gesellschaft für Psychologie eine Website erstellt, auf der viele Tipps und Trick sind, die ohne Corona wahrscheinlich sogar noch besser funktionieren.
Weitere Anlaufstellen sind Erziehungsberatungsstellen, die Diakonie und Caritas sowie die Kommunen stellen in der Regel auch ein Angebot zur Verfügung. Die Nummer gegen Kummer gibt es für Eltern und Kinder: Kinder: 116 111; Eltern: 0800 111 0 550
Im Rahmen einer Psychotherapie können Belastungen durch Elternschaft und Stress auch behandelt werden.
Frau Prof. Dr. Christiansen ist Psychologin und Professorin für Klinische Kinder- und Jugend-psychologie an der Uni-versität in Marburg. Sie forscht unter anderem zu Themen wie ADHS im Kindesalter. Wir haben Frau Christiansen zum Thema Stress im Familien-alltag befragt.