Epidemiologie & Pflegeforschung
Modellierung
Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines agenten-basierten Modells für die Übertragung von respiratorischen Infektionen (am Beispiel von COVID-19) für das Land Sachsen-Anhalt. Das Modell soll die Besonderheiten der regionalen Population aber auch die geographischen Strukturen in einem weitgehend ländlichen Bundesland abbilden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der regionalen Mobilität und der Verbreitung der Infektionen innerhalb des Landes, sowie an potentiell unterschiedlicher Dynamik der Verbreitung in den unterschiedlichen Regionen. Das Projekt leistet einen direkten Beitrag zur pandemischen Preparedness, indem Szenarien von möglichen Interventionsmaßnahmen durchgespielt werden können.
- Jun.-Prof. Alexander Kuhlmann
- Prof. Rafael Mikolajczyk
Übertragungsstudien
Faktoren des natürlichen Infektionsschutzes gegen COVID bei Haushaltsangehörigen Infizierter
Ziel ist die Untersuchung der Übertragung von Atemwegsinfektionen in Haushalten. Dazu werden zwei prospektive Feldstudien mit Bioprobenentnahme in kompletten Haushalten durchgeführt. Die Rekrutierung erfolgt aus den Teilnehmenden der DigiHero-Studie (deutschlandweite prospektive Kohortenstudie zur digitalen Gesundheitsforschung).
Während der COVID-19 Pandemie lag der Fokus auf der Übertragung von SARS-CoV-2. Im Studienzeitraum von Juni bis Dezember 2022 wurden alle ausgewählten Studienteilnehmenden gebeten sich beim Studienteam zu melden, sobald eine Person in ihrem Haushalt positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde. Die Haushalte erhielten daraufhin verschiedene Studienmaterialien, darunter Symptomtagebücher, Fragebögen sowie Trockenblutsets. Insgesamt konnten 262 Haushalte mit 662 Personen ausgewertet werden. 58% aller Haushaltsmitglieder steckten sich mit einer Verzögerung von drei Tagen im Haushalt an. Das Ansteckungsrisiko lag kurz nach einer durchgemachten Infektion oder Impfung bei ca. 20% und stieg innerhalb eines Jahres auf 80% an. Das Risiko verringerte sich, wenn die erste Person im Haushalt nur leichte Symptome hatte oder wenn vorbeugende Maßnahmen eingehalten wurden. Da die Schutzwirkung innerhalb eines Jahres stark abnimmt, kann auch in den kommenden Erkältungssaisons immer wieder mit Reinfektionen gerechnet werden.
Die Universitätsmedizin Halle berichtete dazu mit folgender Pressemitteilung:
Corona in Haushalten: Omikron-Schutz vor Ansteckung lässt nach einigen Monaten nach
Die Ergebnisse wurden im Journal „Infection“ veröffentlicht:
Klee B, Diexer S, et al. Household transmission of Omicron variant of SARS-CoV-2 under conditions of hybrid immunity-a prospective study in Germany. Infection. 2024 Jul 22. doi: 10.1007/s15010-024-02352-4.
In der Erkältungssaison Herbst/Winter 2023/2024 lag der Schwerpunkt auf der Übertragung verschiedener Erreger, wie Influenza-Viren, RSV (Respiratory syncytial virus) und Coronaviren im Haushalt. In Haushalten, in denen eine erste Person Symptome einer Atemwegserkrankung zeigte (z.B. Husten, Halsschmerzen oder Fieber), erfolgte eine Bioprobenabnahme mittels Nasenabstrich. Im weiteren Verlauf der Infektion im Haushalt wurden die Beschwerden aller Haushaltsmitglieder, falls sie erkrankten, in einem Tagebuch dokumentiert und ebenfalls Nasenabstriche genommen. Analysiert werden die Viruslast, Immunparameter in Abhängigkeit vom Immunstatus vor der Infektion und der jeweiligen Exposition. Die gewonnenen Daten werden u.a. zur Bestimmung von Parametern in mathematischen Modellen zur Abschätzung des pandemischen Risikos und zur Bestimmung der Notwendigkeit von Kontrollmaßnahmen verwendet. Die Auswertungen werden Anfang 2025 erwartet.
- Prof. Rafael Mikolajczyk
Analyse zur Maßnahmenadhärenz
Maßnahmen-Adhärenz bei aufkommenden Infektionskrankheiten
Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe sind vor dem Hintergrund des wiederkehrenden Ansteigens der Infektionszahlen sowie Herausforderungen durch neue Virusvarianten entscheidend, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Dies gilt nicht nur für die Coronapandemie. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zur Infektionsprophylaxe hängt jedoch ganz entscheidend von der Adhärenz der Bevölkerung ab. Adhärenz ist ein komplexes Phänomen, das im Wesentlichen durch persönliche Faktoren, sozioökonomische Faktoren, äußere/Umweltfaktoren und Faktoren innerhalb des Gesundheitswesens bestimmt wird. Wichtige modifizierbare Faktoren für Adhärenz sind das Wissen (Knowledge), die Haltungen/Attitüden (Attitudes) und gelebte Praxis (Practices) (KAP) in Bezug auf die Infektionsprophylaxe. Die Kenntnisse dieser Prozesse ermöglicht es, die Adhärenz im Rahmen des pandemischen Geschehens gezielter zu verbessern.
Über KAP bei selektionierten Kohorten in Bezug auf einzelne Infektionen (bspw. Covid-19 oder HIV) existieren bereits einige Daten. Jedoch fehlt für den deutschen Raum eine umfassende Analyse der bislang unterrepräsentierten Gruppen, die beispielsweise an den gängigen Online-Umfragen in der Regel nicht teilnehmen (multimorbide ältere Menschen, Menschen in Pflegeheimen). Maßnahmen zur Verbesserung der Adhärenz müssen zielgruppenspezifischer und abgestufter erfolgen, da es nicht eine passende adhärenzfördernde Intervention für alle geben kann. Hierfür soll mittels mixed methods und Netzwerkanalysen KAP in diesen vulnerablen Gruppen untersucht werden. Außerdem wird analysiert, welche Auswirkungen die Maßnahmen auf individueller Ebene in Bezug auf Wohlbefinden, psychischen Stress und Mobilität hat.
- Prof. Tino Prell
Aerosolausbreitung und Kontakte in Innenräumen
RESTART-19, RESTART 2.0, RESTART 3.0
2020 – RESTART-19 (Das Risiko von Indoor-Sport- und Kulturveranstaltungen für die Übertragung von COVID-19)
Während der COVID-19-Pandemie wurde dieses Projekt mit dem Ziel ins Leben gerufen, das Risiko der Übertragung von SARS-CoV-2 durch Tröpfchen und Aerosole während sitzender Massenversammlungen (MGEs) in Innenräumen zu analysieren. Dies geschah durch die Organisation einer experimentellen Indoor-MGE-Veranstaltung mit Sitzplätzen, bei der der deutsche Popsänger Tim Bendzko am 22. August 2020 auftrat (Abb. 1 und 2). Das MGE wurde in drei verschiedene Hygieneszenarien unterteilt. Szenario 1 sollte einen Zustand vor der Pandemie widerspiegeln. In Szenario 2 wurden moderate Hygienemaßnahmen angewendet: Die Arena wurde in vier Quadranten unterteilt. Den Teilnehmern war es nicht gestattet, den Quadranten zu wechseln. Szenario 3 spiegelte eine stärkere Kontaktreduzierung mit paarweiser Bestuhlung der Teilnehmer und der Umsetzung eines Mindestabstands von 1,5 m zwischen den besetzten Sitzpaaren wider (Tabelle 1). Während der gesamten Veranstaltung wurden alle Kontakte der Teilnehmer durch spezielle Kontaktverfolgungsgeräte (CTDs) verfolgt. Darüber hinaus wurden zwei unterschiedliche Lüftungssysteme simuliert, die unterschiedliche Luftströme und Luftwechselraten berücksichtigten.
Diese Studie ergab, dass die durchschnittliche Anzahl der gemessenen Kontakte pro Teilnehmer bei Sitzveranstaltungen in Innenräumen neun Personen betrug. Diese können durch entsprechende Hygienepraktiken reduziert werden. Auch die Einrichtung eines geeigneten, wirksamen Belüftungssystems in bestuhlten MGEs in Innenräumen ist von entscheidender Bedeutung, um die Exposition gegenüber infektiösen Aerosolen zu reduzieren. Die Kombination dieser beiden Faktoren hat nur sehr geringe Auswirkungen auf die Ausbreitung einer Pandemie.
Tabelle 1: Bestandteile der Hygienepraktiken in den drei verschiedenen Szenarien.
Abb. 1: Der deutsche Popsänger Tim Bendzko tritt live für die RESTART-19-Studie auf.
Abb. 2: Sitzendes Publikum während des RESTART-19-Konzerts
2022 – RESTART 2.0 (SARS-CoV-2-Luftinfektionen in Veranstaltungsorten – ein Vergleich verschiedener Beatmungsstrategien)
Restart 2.0 hat die Heterogenität der Aerosolausbreitung in verschiedenen Veranstaltungsräumen genauer untersucht. Zu diesem Zweck wurden 10 Veranstaltungsorte gleichzeitig mittels CFD-Simulation (Computational Fluid Dynamics) und einer experimentellen Methode mit speziellen Dummies, die Natriumchloriddampf verdampfen, untersucht (Abb. 3). Untersucht wurde das luftgetragene Übertragungsrisiko von Veranstaltungsorten mit unterschiedlichen Raumeigenschaften und Lüftungskonzepten. Untersucht wurde der Einfluss unterschiedlicher Randbedingungen auf das Infektionsrisiko, z.B. Emitterposition, Belegungsrate, Luftdurchsatz, Schadensbegrenzungsmaßnahmen.
Abb. 3: Künstliche Attrappen, die Natriumchloriddampf ausstoßen. Diese Puppen wurden zwischen voll besetztem Publikum an verschiedenen Orten platziert.
2024 – RESTART 3.0 (Bewertung der Rolle von Massenversammlungen (MGE) für die Ausbreitung der Pandemie)
Der dritte Teil der RESTART-Studien widmete sich nun den Unterschieden zwischen sitzendem und stehendem Publikum. Das Hauptziel dieses Versuchs bestand darin, herauszufinden, wie viele Kontakte stehende Besucher haben und wie sich diese vom sitzenden Publikum unterscheiden. Zu diesem Zweck wurde am 26. Februar 2024 ein Konzert mit der deutschen Popband „die Prinzen“ organisiert. An dieser Veranstaltung nahmen 1300 Besucher teil (Abb. 4). Die Hälfte des Publikums saß und die andere Hälfte stand. Zur Kontaktmessung wurde jeder Besucher mit einem Kontaktverfolgungsgerät (CTDs; bereits in der RESTART-19-Studie verwendet; Abb. 5 & 6) ausgestattet. Im Verlauf des Veranstaltungsortes mussten die Teilnehmer diese Geräte tragen, um eine ständige Aufzeichnung der Kontaktzeit mit anderen Besuchern zu gewährleisten. Sämtliche Kontaktinformationen wurden auf den CTDs gespeichert und später ausgelesen und analysiert. Wir haben zwei unterschiedliche Szenarien untersucht: Sitzen und Stehen. Innerhalb jedes Szenarios haben wir die Gesamtzahl der Kontakte während der gesamten Konzertdauer berechnet. Darüber hinaus haben wir das Konzert in drei Phasen unterteilt: Vorkonzert, Konzert und Nachkonzert, und die Anzahl der Kontakte für beide Szenarien in diesen Phasen ermittelt.
Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass es im Stehen-Szenario während des gesamten Konzerts insgesamt mehr Kontakte gibt als im Sitz-Szenario. Die höchsten Zahlen traten im Standing-Szenario während der Konzertphase im Vergleich zur Vor- und Nachkonzertphase auf. Im Gegensatz dazu zeigte das Sitzszenario eine relativ konstante Anzahl an Kontakten über die verschiedenen Konzertphasen hinweg. Bisher handelt es sich bei diesen Analysen lediglich um vorläufige Daten. Weitere Analysen sind erforderlich, um die Rolle von Kontakten bei MGEs vollständig zu verstehen. Dies soll dann genauere Modellierungen und Aussagen über die Wirksamkeit verschiedener Eindämmungsmaßnahmen bei möglichen zukünftigen Pandemien ermöglichen.
Abb. 4: „Die Prinzen“ bei RESTART 3.0 im Steintor Varieté Halle (Saale)
Abb. 5: Kontaktverfolgungsgerät mit Trageband; Diese mussten die Teilnehmer während des gesamten Veranstaltungsortes um den Hals tragen.
Abb. 6: CTDs im Ladekasten mit angebrachten Verbindungsmittel
In den RESTART-Studien wurden Aerosolausbreitung und Kontaktverläufe getrennt untersucht. Für die Aerosolverteilung wurde eine statische Situation für die exponierten Besucher angenommen. Im wirklichen Leben bewegen sich Menschen jedoch innerhalb eines Raums und daher ändert sich die Aerosolexposition mit der Zeit. In diesem Coprep-Projekt wollen wir diese Einschränkung überwinden, auch wenn wir den Versuch in einer kleineren Dimension durchführen werden. In einem Restaurant oder einer Bar werden alle Besucher mit unseren Kontaktverfolgungsgeräten ausgestattet, die bereits in früheren Experimenten verwendet wurden. Darüber hinaus wird das Restaurant mit einem Funksystem ausgestattet, das durch schnelle Triangulation eine genaue Positionierung der Besucher im Zeitverlauf ermöglicht. Darüber hinaus wird eine CFD des Restaurants durchgeführt und die Aerosolverteilung infizierter „virtueller Besucher“ abgebildet. Im letzten Schritt werden beide Daten überlagert und die Infektionswahrscheinlichkeit für jeden Besucher berechnet.
Die RESTART-Studien wurden in großen Veranstaltungsorten wie der Quarterback Immobilien Arena Leipzig (RESTART-19), der Oper Halle (Saale) (RESTART 2.0) oder dem Steintor Varieté Halle (Saale) (RESTART 3.0) durchgeführt. Ein wesentlicher Teil bestand darin, die Übertragung von SARS-CoV-2 in geschlossenen Räumen zu untersuchen.
Im Gegensatz zu diesen Studien in MGEs legt ein anderes Teilprojekt besonderes Augenmerk auf Büro- und Gastronomieräume, um bessere Modelle für die Übertragung dieses Atemwegsvirus zu entwickeln. Ziel dieser Forschungsfelder ist es auch, auf künftige Pandemien vorbereitet zu sein.
- Dr. Stefan Moritz
- Prof. Rafael Mikolajczyk
Ausbruchkontrolle in Alters- und Pflegeheimen
Protokoll-geleitete Datenerhebung des pandemischen Geschehens zum koordinierten Umgang mit den Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt (Progeleit)
- Dr. Almuth Berg
- Dr. Christin Richter
- Prof. Dr. Gabriele Meyer
Empfehlungen für Entscheidungen in Pflegeheimen
Pandemiebezogene Entscheidungsprozesse in der stationären Langzeitpflege proaktiv unterstützen (Proactive support of pandemic-related decisions in longterm care – ProSuPaD)
Ziel des Projekts ist die Entwicklung und Bereitstellung von Handlungsempfehlungen zur Unterstützung pandemiebedingter Entscheidungsprozesse von Leitungspersonen stationärer Langzeitpflegeeinrichtungen.
Als Methoden kommen Literatursynthesen, Online-Surveys, Experteninterviews und Meilenstein-Workshops zum Einsatz. Die formulierten und evaluierten Handlungsempfehlungen für Leitungspersonen der stationären Langzeitpflege werden bundesweit einsetzbar sein.
- Dr. Anja Bieber
Logistik der Gesundheitsämter
Analyse zu Problemlagen und Potentialen zur Steigerung der Pandemie-Resilienz in Gesundheitsämtern
Um die Pandemie-Resilienz zu steigern, muss die institutionelle Ebene der Gesundheitsämter krisenresistent ausgebaut werden. Um dies für das Land Sachsen-Anhalt umsetzen zu können, sollen Bedarfe und Problemfelder in den hiesigen Gesundheitsämtern ermittelt werden.
Dafür werden Daten aus den Gesundheitsämtern Sachsen-Anhalts mittels Mixed-Methods-Ansatz erhoben. Konkret erfolgt eine Erfassung der Erfahrungen der Mitarbeitenden der Gesundheitsämter in Sachsen-Anhalt mittels Fragebogen.
Zusätzlich werden in einigen Gesundheitsämtern Expert:inneninterviews zur Vertiefung der Thematik durchgeführt.
- Dr. Anja Knöchelmann
Zielgruppenspezifische Kommunikation zu Modellierungsstudien (KOMMOD)
Während der SARS-CoV-2 Pandemie entstand ein großer gesellschaftlicher Bedarf an Informationen zu einer Vielzahl an Themen, z.B. Impfung, Infektionskontrolle und Strukturen der Pandemiekontrolle. Die Befragten nutzen zu einem hohen Anteil traditionelle Medien (TV 70.6%; Radio 58.5%; Zeitschriften 32.7%) als Informationsquelle. Der Konsum von Medien ist mit dem Eintreten der Pandemie in Deutschland gestiegen, was ihre Relevanz in der Risikokommunikation unterstreicht. Ausgewählte Analysen von Medienbeiträgen haben jedoch gezeigt, dass aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht keine angemessene Risikokommunikation erfolgt. Kriterien für geeignete Darstellungsformen, die eine realistische Einschätzung von Risiken zulassen, wurden hinreichend beschrieben. Weniger eindeutig ist, wie die Qualität der Evidenz und statistische Unsicherheiten kommuniziert werden sollten. Die unsichere Datenlage ist unter Pandemiebedingungen eine besondere Herausforderung. Insbesondere beruhen Aussagen zum Infektionsrisiko oder zur Wirksamkeit von Maßnahmen zum Infektionsschutz zu einem großen Anteil auf Modellierungsstudien. Experten sehen es als große Herausforderung, die damit verbundenen Unsicherheiten der Öffentlichkeit, aber auch politischen Entscheidungsträgern angemessen zu kommunizieren.
In einer qualitativen Machbarkeitsstudie sollen (1) Kriterien definiert werden, die eine Abschätzung der Verlässlichkeit von Daten aus Modellierungsstudien ermöglichen; (2) Vorschläge zur Kommunikation der Unsicherheiten entwickelt werden und (3) zielgruppenspezifische Tools (Informationstemplates und Erklärvideos) bereitgestellt werden, um die Risikokommunikation zu verbessern. Die Entwicklung und Pilotierung der Tools folgt dem UK MRC Framework für komplexe Interventionen.
- Prof. Dr. Anke Steckelberg
Jun. Prof. Dr. Alexander Kuhlmann
Scoping Review
Scoping Reviews zur Versorgung in der Geburtshilfe und onkologischen Abdominalchirurgie während der Covid-19 Pandemie
Die Covid-19-Pandemie stellte die Geburtshilfe und die onkologische Abdominalchirurgie vor enorme Herausforderungen und erforderte Anpassungen durch Maßnahmen wie Patientenüberwachung, soziale Distanzierung, Desinfektion, Impfung und der Verwendung von Schutzkleidung. Diese Veränderungen sowie die Unsicherheiten bei der Anwendung neuer Pflegestandards, ethische Dilemmata, Arbeitseinschränkungen und krisenbedingte Probleme beeinträchtigten die Arbeitsbedingungen des Geburtshilfepersonals und des Personals der onkologischen Abdominalchirurgie erheblich .Trotz ihrer kritischen Bedeutung sind die Auswirkungen der Covid 19-Pandemie auf die strukturellen und psychologischen Aspekte des Gesundheitspersonals in der Geburtshilfe und onkologischen Abdominalchirurgie noch nicht vollständig untersucht worden.
Das Hauptziel die beiden Scoping Reviews ist es, einen aktuellen und interdisziplinären Überblick darüber zu geben, wie die Covid-19-Pandemie die Arbeitsbedingungen für das Personal in der Geburtshilfe und der onkologischen Abdominalchirurgie beeinflusst hat. Unsere Einschlusskriterien umfassen qualitative und quantitative Studientypen und konzentrieren sich auf die Perspektive der professionellen Gesundheitsakteure.
Wir werden einen Überblick über die ermittelten Themen geben und eine narrative Synthese der Ergebnisse erstellen. Die Ergebnisse werden Anhaltspunkte für Strategien zur Bewältigung künftiger Gesundheitskrisen liefern.
- Prof. Dr. Anke Steckelberg
Geburtshilfe während einer Pandemie
Sektorübergreifende Erfahrungsperspektive von Hebammen und Ärzt:innen zu qualitätsgesicherter Geburtshilfe während der Pandemie
National und international kam es während der COVID-19 Pandemie zu einer Priorisierung bei der Behandlung von COVID-19 positiven PatientInnen innerhalb des Gesundheitswesens. Diese Priorisierung kann negativen Auswirkungen, sogenannte „Kollateralschäden“ auf Versorgungsbereiche gehabt haben, die nicht von der pandemischen Krankheit betroffen waren, wie in diesem Fall der Geburtshilfe und der onkologischen Chirurgie.
Weniger Vorsorgeuntersuchungen, persönliche Unterstützungsangebote, Umgang mit Infizierten KlientInnen und viele weitere Faktoren können Unsicherheiten und Ängste bei Fachpersonal der Geburtshilfe und onkologischen Chirurgie zur Folge gehabt haben. Wie das Personal selbst diese Ausnahmesituationen während der COVID-19 Pandemie empfunden hat, ist bisher nicht ausreichend dargestellt worden.
Die Hindernisse, Belastungen aber auch Ressourcen und möglicherweise die Motivation von Mitarbeitenden der Geburtshilfe und Tumorchirurgie während der COVID-19-Pandemie sollen, getrennt voneinander, analysiert und dargestellt werden.
Das qualitative Forschungsdesign wird mit Fokusgruppengesprächen und ggf. Einzelinterviews umgesetzt. Die Mitarbeitenden der Geburtshilfe und der onkologischen Chirurgie können in einem geschützten Umfeld ihr Erleben und ihre Erfahrungen aus der Zeit der COVID-19 Pandemie explorieren. Um die genannten Phänomene der Befragten zu verstehen, wird ein interpretativ hermeneutischer Forschungsansatz gewählt.
Die Explorationen aus der Perspektive direkt an der Versorgung beteiligter AkteurInnen können einen wichtigen Beitrag leisten, um Lehren aus der vergangenen/aktuellen Pandemie für zukünftige Gesundheitskrisen zu gewinnen.
- Prof. Dr. Anke Steckelberg
Maskendermatitis
Pathogenetische Faktoren der Maskendermatitis und Entwicklung spezifischer Präventionsstrategien
Im Rahmen der pandemischen Hygienemaßnahmen wurde das Tragen eines Medizinischen-Mund-Nasen-Schutzes (MMNS) und folgend von filtering face pieces (FFP2) Masken zu einer der basalen präventiven Maßnahmen breit propagiert und umgesetzt. Es steht außer Frage, dass durch die dichte Abschließung der Mund-Nasen-Region eine wirksame und effektive Prävention bezüglich einer SARs-CoV2-Infektion erzielt wird. Aus dermatologischer Sicht kommt es durch die Okklusionsphänomene zu einem starken Milieuwandel, der mit einem Temperaturanstieg, einer Hyperhydratisierung der Hornschicht und einem pH-Anstieg einhergeht. Die sekundären Folgen des Milieuwechsels sind bisher nicht untersucht, aber es wird vermutet, dass es durch einen Diversitäts-Switch der kutanen Mikrobiota zur Dekompensation der mikrobiologischen Barriere und folgend zu entzündlichen Phänomenen kommt, die als Maskendermatitis bezeichnet wird. Aus der Literatur geht hervor, dass die Prävalenz einer Maskendermatitis direkt mit der täglichen Tragezeit korreliert (2 Stunden = 49,5%, 4 Stunden = 58,6% und 10 Stunden = 62,5%), so dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den okklusiven Phänomenen und dem klinischen Phänotyp als gut begründet und sehr wahrscheinlich angenommen wird. Da bisherige Strategien und Empfehlungen der Fachgesellschaften zur Prophylaxe der Maskendermatitis im Wesentlichen auf die Rekonstitution der physikochemischen Barriere abzielen und erfahrungsgemäß wenig Effekt vermitteln, soll im vorliegenden Projekt der Einfluss von FFP2-Masken auf das kutane Mikrobiom gezielt untersucht werden. Dazu sollen neben Hautfunktionsmessungen und Kulturmethoden auch 16s rRNA targeted sequencing zur Diversitätsbestimmung eingesetzt werden. Sollte sich eine Dysbiose (Diversitätsänderung) nachweisen lassen, sollen anhand dieser Daten neue präventive Strategien entwickelt werden.
- apl. Prof. Johannes Wohlrab
Turmorchirurgie
Priorisierung onkologischer Operationen in einer Pandemiesituation: Modellierung aus Daten der COVID-19-Pandemie
Aufgrund einer extrem hohen Auslastung von Intensiv- und Normalstationen und eines hohen Krankenstands bzw. einer Quarantäne des medizinischen Personals musste die OP-Kapazität während der COVID-19-Pandemiewellen in vielen Krankenhäusern drastisch reduziert werden. Daraus resultierende verzögerte Operationen haben bei onkologischen Erkrankungen potenziell Folgen hinsichtlich einer dann nicht mehr kurativen Situation und eines verkürzten krankheitsfreien und Gesamtüberlebens der Patienten. In diesem Teilprojekt sollen Daten der globalen COVIDSurg Collaboration sowie eigene Daten aus dem Universitätsklinikum Halle (Saale) und dem BG Klinikum Bergmannstrost Halle (Saale) zu OP-Aufkommen und OP-Verschiebungen während der einzelnen COVID-19-Pandemiewellen ausgewertet werden. Mithilfe dieser Daten erfolgt eine Modellierung, um zu zeigen, wie man Operationen während einer Pandemie bei eingeschränkter OP- und Intensivkapazität sinnvoll priorisieren kann, so dass der Bevölkerung möglichst geringe gesundheitliche Nachteile im Hinblick auf die chirurgische Versorgung onkologischer Erkrankungen entstehen.
- apl. Prof. Ulrich Ronellenfitsch
- Antonia Stengler
Totenscheine
Noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben.
- Prof. Rüdiger Lessig
- Prof. Claudia Wickenhauser
Empirisch-ethische Analyse
Während der COVID-19-Pandemiewellen wurden in vielen Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen zugunsten der Versorgung von Patient*innen mit Corona vorgenommen. Entsprechend wurden gesundheitsbezogene Maßnahmen für Patient*innen mit anderen Erkrankungen reduziert.
Im Rahmen dieses Teilprojekts sollen auf der Grundlage der in CoPreP erhobenen Daten in unterschiedlichen Versorgungsbereichen sowie in Verbindung mit ethisch-normativen Analysen verschiedene Handlungsoptionen der Ressourcenallokation geprüft werden. Die Ergebnisse bilden die Grundlagen für Handlungsempfehlungen zu empirisch und ethisch begründeten Verteilung knapper Ressourcen in einer Pandemie und vergleichbaren Krisensituationen.
- Prof. Jan Schildmann
- Dr. Sabine Sommerlatte
Handlungsempfehlung - Erstellung
National und international kam es während der COVID-19 Pandemie zu einer Priorisierung bei der Behandlung von COVID-19 positiven Patient*innen innerhalb des Gesundheitswesens. Diese Priorisierung könnte allerdingsnegative Auswirkungen auf Patient*Innen gehabt haben, die nicht unmittelbar von der pandemischen Krankheit betroffen waren. Beispielhaft sind hier onkologische Operationen zu nennen, die aufgrund eines relativen Mangels an Kapazitäten in Krankenhäusern verschoben wurden.
Um in zukünftigen Pandemien sowie vergleichbaren Krisensituationen gesundheitsbezogene Maßnahmen besser gewährleisten zu können, ist es wichtig, praxistaugliche Handlungsempfehlungen für die Prioritätensetzung in der Gesundheitsversorgung im Pandemiefall zu formulieren.
Ziel dieses Teilprojektes ist es, auf Grundlage der Datenanalysen der in CoPrep erhobenen Daten, evidenzbasierte und ethisch begründete Handlungsempfehlungen für die Priorisierung von Maßnahmen in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsversorgung in Zeiten von Pandemien oder anderweitig bedingten Einschränkungen von Ressourcen der Gesundheitsversorgung zu entwickeln.
Diese Handlungsempfehlungen zielen dabei nicht unmittelbar auf die Pandemiebekämpfung, sondern auf begleitende Maßnahmen der Gesundheitsversorgung ab, um den gesundheitlichen Nutzen für die Bevölkerung zu maximieren und mögliche negative Auswirkungen, sogenannte „Kollateralschäden“, zu vermeiden.
- apl. Prof. Ulrich Ronellenfitsch
Handlungsempfehlung - Pilotierung
Ziel des Teilprojektes ist es, die Handlungsempfehlungen mit Mitarbeitenden der Geburtshilfe und Tumorchirurgie auf Machbarkeit und Akzeptanz zu überprüfen.
Das qualitative Forschungsdesign wird mit Fokusgruppengesprächen und ggf. Einzelinterviews umgesetzt. Die Mitarbeitenden der Geburtshilfe und der onkologischen Chirurgie diskutieren die Handlungsempfehlungen im Hinblick auf Verständlichkeit, Akzeptanz und Implementierung. Die Daten werden inhaltsanalytisch ausgewertet
Nach Testung der Handlungsempfehlungen stehen diese als relevante Tools den direkt an der Versorgung beteiligter AkteurInnen zur Verfügung, um in Pandemiesituationen Handlungsfähig zu sein. Zudem können die Handlungsempfehlungen in die Curricula einbezogen werden.
- Prof. Dr. Anke Steckelberg